Michael und Cherise
René und ich möchten Eltern neuen Mut geben, die die schwierige Prüfung durchmachen müssen, ein Kind zu
verlieren. Wir haben drei Kinder, Man 17 Jahre, Jesse 14 und David 8. Im Juli 1995 wird unser sechstes Kind zur Welt
kommen.
Im Juli 1984 hatten wir einen kleinen Buben, Michael Andrew. Er kam durch einen Kaiserschnitt zur Welt. Michael
wurde mit Anenzephalie geboren, das heisst, der obere Teil seines Kopfes, Schädelknochen und Gehirn hatte sich nicht
normal geformt. Das Pflegepersonal sagte uns, wir dürften nicht erwarten, dass er seine erste Nacht überleben würde.
Am nächsten Morgen war ich ganz aufgeregt, als ich hörte, wie die Krankenschwester den Brutkasten durch den Gang schob.
Wir durften Michael während 18 Tagen bei uns haben, zehn davon zu Hause. Wir lernten seinen Kopfverband zu wechseln, ein
besonders heikler Vorgang. Wir kümmerten uns um ihn, wie immer wir konnten, damit es ihm gut ging, und er unsere Liebe
für ihn spüren konnte. Michael starb in den Armen seines Vaters, eine besonders wertvolle Erinnerung für René. Man und
Jesse, die damals sechs und vier Jahre alt waren, erzählen immer noch von Michael und haben viele schöne Erinnerungen an
die Zeit, die sie mit ihm verbrachten.
Am 16. April letzten Jahres, hatten wir eine kleine Tochter, Cherise, die ebenfalls durch einen Kaiserschnitt zur Welt
kam. Wir hatten niemals die Möglichkeit ins Auge gefasst, nach Michael noch ein Kind in Anenzephalie zu bekommen. So waren
wir schockiert, als wir entdeckten, dass Cherise auch Anenzephalie hatte. Sie sah so schwach aus, dass wir dachten, wir
würden sie nur für wenige Minuten haben. Zu unser aller Verblüffung, lebte sie 28 Tage lang! Am nächsten Tag nahmen wir
sie nach Hause. Was für ein Geschenk für mich, sie in unserer Familie und unserem Haus zu haben!
Ich möchte schliessen mit folgendem Auszug unseres Weihnachtsbriefs, er drückt aus, was wir für unseren Sohn und unsere
Tochter im Herzen haben:
"Im April haben René und ich unsere erste Tochter Cherise Janine in unseren Armen willkommen geheissen, was die meisten
von Euch schon wissen. Auch wenn unsere Zeit mit ihr kurz war, war es auch eine besonders reiche Zeit. Eine Zeit in der
Freude und Kummer sich die Hand gaben, um jede Menge wertvoller Erinnerungen und Erfahrungen zu hinterlassen. Diese
Schätze werden von unserer Familie das ganze Leben lang gehütet werden. Auch wenn ihr Aufenthalt kurz war, so überlebte
sie doch alle medizinischen Erwartungen. Es war ein Wunder, Zeuge zu werden, von ihrer überraschenden körperlichen
Zähigkeit, der Kraft ihres Geistes in einem so kleinen, zerbrechlichen Rahmen. Eines ist sicher, wir wurden reicher,
nicht ärmer, durch das Geschenk ihres Lebens. Wir bereuen nichts von der Zeit mit ihr. Wir bekamen eine Karte, auf der
jemand folgende Worte schrieb: 'Möge eurer Schmerz in eine sanfte Welle liebender Erinnerungen verwandelt werden.' Ja,
das konnten wir wirklich erleben!"
Glenda
Aus dem Amerikanischen übersetzt mit Erlaubnis der Anencephaly Support Foundation
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 25.02.2019